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blog 0065 - der panther

26.10.2014 08:26

der panther (paris, 1907)

sein blick ist vom vorübergehn der stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
ihm ist, als ob es tausend stäbe gäbe
und hinter tausend stäben keine welt.

der weiche gang geschmeidig starker schritte,
der sich im allerkleinsten kreise dreht,
ist wie ein tanz von kraft um eine mitte,
in der betäubt ein grosser wille steht.

nur manchmal schiebt der vorhang der pupille
sich lautlos auf - dann geht ein bild hinein,
geht durch der glieder angespannte stille -
und hört im herzen auf zu sein.

(rainer maria rilke, 1875-1926)

wenn der mensch doch aufhörte,
sich auf die grausamkeit der natur zu berufen,
um seine eigene zu entschuldigen!

er vergisst, wie unendlich schuldlos
auch noch das fürchterlichste in der natur geschieht.

rilke.de/

rainer maria rilke fordert
mit seinem dichterischen werk dazu auf
und ermöglicht durch seine sprachgebung
wie sonst kaum jemand,
die welt anders wahrnehmen.

immer wieder stellen seine worte
überraschende bezüge,
perspektiven, zusammenhänge her,
und oft sind es die feinen nuancen,
die einen staunenden blick auf welt,
sprache und ihr zusammenwirken erzeugen.

friedrich blass, philologe (altgriechisch, latein):
„wenn ich einen vergleich ziehen soll:
else lasker-schüler ist eine zungentänzerin,
rainer maria rilke ein bauchredner.“